Tipps und Gestaltungsempfehlungen des BUND für Gartenbesitzer
von Andreas Albrecht
Liebe Gartenbesitzer,
mit diesen Gartentipps möchte Ihnen die BUND Ortsgruppe Norderstedt einige Wege für einen artenreicheren Garten aufzeigen. Den Garten als Lebensraum zu gestalten, ist keine Frage des Geldes, sondern der Fantasie. Entscheidend ist auch nicht die Größe des Gartens. Das Geheimnis des Erfolges liegt vielmehr darin, die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen und den Garten sinnvoll zu gliedern. Zur Vermeidung von Misserfolgen und unnötigen Ausgaben sollte man solche Pflanzen auswählen, die mit dem jeweiligen Standort und Klima auch zurechtkommen. Aus diesem Grunde bietet sich eine möglichst naturnahe Gartengestaltung an.
Warum naturnahe Gärten?
Unsere Vorfahren sperrten die „wilde” Natur aus dem geschützten Hort, ihrem Garten, aus. Obst, Gemüse, Kräuter, Blumen und andere seltene Pflanzen mussten geschützt werden vor dem Vieh und vor wilden Tieren. Klostergärten und herrschaftliche Parks waren stilistische Vorbilder für bescheidenere Bauerngärten. „Garten” (althochdeutsch: Garto = das mit Gerten Umzäunte) bedeutet heute ein mit Zaun, Hecke oder Mauer umgrenztes Landstück für den Nutz- und/ oder Ziergarten. Die Gartengeschichte ist ein Teil unserer Kulturgeschichte und damit abhängig von wechselnden gesellschaftlichen Entwicklungen, Religion, Brauchtum und modischen Einflüssen. Unsere Vorliebe für exotische Pflanzen ist auch in den heutigen Gärten geblieben. Das wäre nicht zu beanstanden, wäre nicht die Natur, die „Wildnis” um uns herum, so stark bedrängt…
In seinem 2015 erstmals vorgelegten Artenschutz-Report weist das Bundesamt für Naturschutz (BfN) darauf hin, dass von den 32.000 in der Roten Liste untersuchten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten insgesamt rund 31 % als „bestandsgefährdet“ einzustufen und 4 % bereits ausgestorben seien.
Die häufigsten Ursachen für die Gefährdung der Arten laut BfN:
- intensive Landbewirtschaftung
- Forstwirtschaft
- Wasserbau / Gewässerunterhaltung
- Baumaßnahmen
- Sport- und Freizeitaktivitäten
Leider schreitet diese Entwicklung weiter fort. So wird vom Umweltbundesamt (UBA) angemerkt, dass der Flächenverbrauch z. B. im Jahr 2014 täglich immer noch 69 Hektar betrug, vergleichbar etwa der Größe von ca. 100 Fußballfeldern.
Da ein Großteil der Tierarten kleiner als 1 cm sind, fallen sie nicht so sehr auf. Jedoch stellen sie bei der Humusbildung, der Wasserreinigung und der Blütenbestäubung die unverzichtbaren Teile unseres ökologischen Systems dar. Allein in einer Handvoll Kompost leben mehr Organismen als Menschen auf der Erde! Wenn wir diese Zusammenhänge erkennen, dann können wir nur noch behutsam mit unserem Boden umgehen und werden viel toleranter den „Krabbeltieren” gegenüber sein. Ebenso werden wir den Wert eines Holunderbusches anders einschätzen, wenn wir wissen, dass seine Früchte allein 62 Vogelarten ernähren, und wir werden Achtung vor einer Eiche haben, die etwa 300 verschiedenen Insektenarten Lebensraum gibt (vom Essigbaum lebt bei uns kein Insekt…). Mit unseren Gärten können wir also eine kleine „Arche Noah” schaffen.
Einige wichtige Regeln für den naturnahen Garten:
Pflanzen Sie nur standortgerechte Gewächse. Beachten Sie Boden-, Licht- und Klimabedingungen! Das erspart Enttäuschungen – und Geld.
Bevorzugen Sie heimische Gehölze sowie Wildstauden mit „einfachen”, ungefüllten Blüten. Insekten und Schmetterlinge werden es Ihnen danken.
Erhalten und pflegen Sie alte Laubbäume, insbesondere auch alte Obstbäume.
Verzichten Sie weitgehend auf Fichten, Tannen und exotische Nadelgewächse
Begrünen Sie Wände, Mauern und Dächer mit Pflanzen zum Ausgleich für versiegelte Flächen.
Verwenden Sie keinen Torf, sondern selbsthergestellten oder gekauften Kompost. Kompost enthält Humus und Nährstoffe, Torf nur sauren Humus. Torfabbau zerstört unsere Moore und damit einen unersetzlichen Lebensraum für vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und Tierarten.
Verzichten Sie auf synthetische Mineraldünger! Gefahr der Überdüngung (z. B. durch „Blaukorn”) und Störung des biologischen Gleichgewichts. Düngen Sie statt dessen mit Kompost und gegebenenfalls mit langsam wirkendem Knochen- oder Hornmehl.
Fördern Sie das Bodenleben durch Laub, Mulch oder standortgerechte Bodendecker. Das hält „Un”-kraut unter Kontrolle und die Erde feucht. Graben Sie nicht um, sondern lockern Sie den Boden nur, sonst werden Kleinstlebewesen „beerdigt”.
Erklären Sie Ihren Garten zur giftfreien Zone! Verzichten Sie auf Schädlingsvernichtungsmittel (z. B. Insektizide). Schaffen Sie statt dessen Nisthilfen, Verstecke und Futterpflanzen für natürliche Schädlingsbekämpfer (z. B. Singvögel, Ohrenkneifer, Marienkäfer, Igel). Denken Sie daran, mit jedem Gift werden auch Nützlinge getötet!
Versiegeln Sie keine Fläche unnötig mit Beton oder Asphalt. Für Auffahrten ist Verbundpflaster mit Sickerfugen sinvoll. Lassen Sie Niederschlagswasser vom Dach auf dem Grundstück versickern (Sickerschacht, Mulden) oder nutzen Sie Regenwasser zum Gießen oder für ein Feuchtbiotop.
Die BUND(te) Einkaufsliste für den naturnahen Garten
Mit der nachfolgenden Auflistung möchte Ihnen die BUND Ortsgruppe Norderstedt einige Pflanzen für einen artenreicheren Garten vorschlagen. Da Wildpflanzen weit stärker als Gartenstauden an bestimmte Standortbedingungen gebunden sind, wurden in unserer Auflistung nur solche Arten berücksichtigt, die problemlos auch auf normalen Gartenboden wachsen, wenn ihre Grundbedürfnisse berücksichtigt werden. Es sollten jedoch keine Pflanzen aus der Natur entnommen werden.
Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wildpflanzen (aus der Staudengärtnerei)
Blutstorchenschnabel, Buschwindröschen, Christophskraut, Diptam, Feldrittersporn, Frauenmantel, Frühlingsadonis, Frühlingsplatterbse, Graslilie, Grasnelke, Günsel, Habichtskraut, Heidenelke, Himmelsleiter, Hundsveilchen, Huflattich, Klatschmohn, Kornrade, Kornblume, Kuhschelle, Leberblümchen, Leimkraut, Lungenkraut, Mädesüß, Maiglöckchen, Natternkopf, Glockenblume, Rote Lichtnelke, Rote Taubnessel, Salomonsiegel, Schafgarbe, Schlüsselblume, Sonnenröschen, Trollblume, Venusspiegel, Wegwarte, Wiesenstorchenschnabel, Wilde Malve, Wilde Karde.
Alte Bauerngartenpflanzen
Akelei, Alant, Apothekerrose, Aurikel, Blaukissen, Brennende Liebe, Christrose, Eibisch, Eisenhut, Felsensteinkraut, Fetthenne, Herbstaster, Immergrün, Indianernessel, Herbstaster, Katzenminze, Kugeldistel, Lavendel, Mohn, Phlox, Pfingstrose, Rittersporn, Schwertlilie, Sonnenbraut, Sonnenhut, Steinbrech.
Pflanzen für Schattenbereiche
Akelei, Astilbe (Sonne bis Schatten), Elfenblume, Fingerhut, Frauenmantel, Funkie, Goldnessel (auch unter Bäumen gut geeignet), Gundelrebe (Sonne – Schatten), Haselwurz, Immergrün (gut als Bodendecker), Maiblume, Ungarwurz (Waldsteinia ternata), Waldmeister.
Bäume und Sträucher
Als Bäume sind insbesondere alle Obstbaumsorten für den Naturhaushalt wertvoll, die z. B. als Spindelbusch / Buschbaum oder als Viertel- bzw. Halbstamm auch für kleinere Gärten geeignet sind. Eine nicht nur optische Bereicherung für den Garten ist z. B. die Eberesche, von der ca. 30 Insektenarten, 63 Vogelarten und 31 Säugetierarten leben. Diese kann auch als Heister gepflanzt werden. Ferner empfehlen wir Wildbirne, Wildapfel, Weißdorn, Feldahorn, Besenginster, Seidelbast, Pfaffenhütchen, Flügelginster, Färberginster, Sanddorn, Gemeiner Liguster, Blaue Heckenkirsche, Rote Heckenkirsche, Schlehe, Hasel.
Tannen, Fichten und Lebensbäume werden demgegenüber zwar häufig als immergrüne und – mangels Laubfall – pflegeleichte Lösung gewählt. Bald wird man jedoch feststellen, dass diese Bäume schnell zu groß werden, unten auskahlen und zudem keinen Rückschnitt vertragen.
Hecken
Für Hecken – freiwachsend und zu schneiden – sind besonders geeignet: Hainbuche, Rotbuche, Liguster, Eibe, Berberitze, Spierstrauch, Buchsbaum, Fünffingerstrauch, Mahonie, Wildrosen.
Schling- und Kletterpflanzen
Hier sind z. B. Efeu (selbstklimmend), (heimisches) Geißblatt, Kletterhortensie, Knöterich (stark wachsend, auch auf Pergolen gut geeignet), Waldrebe, Wilder Wein (selbstklimmend) zu nennen. Hinzuweisen ist ferner auf die einjährigen Schlinger wie Glockenrebe, Prunkwinde, Feuerbohne sowie heimische Kletterer wie Hopfen, Zaunwinde sowie der einjährige Zaun- und Heckenknöterich.
Um den Rahmen dieser Broschüre nicht zu sprengen, können wir an dieser Stelle nur einige Anregungen geben. Umfangreiche Listen von Stauden, Hecken, Bäumen und Kletterpflanzen mit Hinweisen auf die jeweiligen Ansprüche finden sie in einschlägigen Gartenbüchern.
Die Hecke als Lebensraum
Obwohl Hecken, im Gegensatz zu früher, keine bewußt einkalkulierte wirtschaftliche Nutzung mehr haben, kommt ihnen noch immer eine nicht zu unterschätzende Bedeutung im Gesamthaushalt der Natur und im landschaftsästhetischen Bereich zu. Hecken dienen als Windschutz, als Luftfilter und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Im Einzelnen bieten Hecken schattige Verstecke für Igel, Erdkröten und Eulen; Nistplätze für Vögel, vielseitige Nahrungsquelle für Vögel, Reptilien und Insekten (Bienenweide) und weiterhin günstige Winterquartiere für z. B. winterschlafende Kleinsäuger.
Grundsätzlich ist der Artenbestand der Tierwelt in einer Hecke umso reichhaltiger, je größer die Anzahl der Pflanzenarten ist und je mehr diese Hecke einer am gleichen Standort von selbst wachsenden Hecke entspricht. Exotische Gehölze können kaum Grundlage für Nahrungsketten der einheimischen Tierwelt sein. Aber: eine neue Hecke benötigt lange Zeit, bis sie ein optimaler Lebensraum wird.
Beim Heckenschnitt auf Vögel achten
Beim Heckenschnitt ist Vorsicht geboten. Noch bis Ende Juli brüten viele Vögel in den Hecken (z. B. Amseln, Dorngrasmücke, Fitis, Gartengrasmücke, Rotkehlchen, Zaunkönig, Zilpzalp, Waldlaubsänger)! Bitte kontrollieren Sie daher vor dem Schnitt unbedingt vorsichtig die Hecke auf Nester. Gegebenenfalls müssen Sie den Heckenschnitt verschieben.
Wohin mit all dem Laub?
Blätter die im Herbst von den Laubbäumen und Sträuchern fallen, sind kein „Schmutz“. Milliarden von Mikroorganismen im Erdboden warten darauf, die Blätter bis zum Frühjahr in Humus und wertvolle Nährstoffe zu verarbeiten, die dem Baum bzw. Strauch dann für einen neuen Austrieb zur Verfügung stehen. Fehlt diese natürliche Versorgung, wandern die Mikroorganismen ab, der Boden verarmt und wird unfruchtbar. Laub ist nur vom Rasen zu entfernen, um ihn nicht ersticken zu lassen.
Laubsauger lärmen und zerstören das Leben
Kaum beginnt das Laub von den Bäumen zu rieseln, lärmen sie wieder in Parks und Gärten: Die Laubsauger oder Laubbläser. Doch diese bequemen Gartengeräte schädigen Umwelt und Gesundheit durch Lärm und Schadstoffe und stören den Naturhaushalt, da Flora und Fauna unterschiedslos abgesaugt werden.
Die Boden-Biologie wird durch Laubsauger völlig durcheinandergewirbelt. Die lauten Helfer saugen mit den welken Blättern auch zahlreiche laubzersetzende Kleintiere wie Asseln, Tausendfüßler und Insekten, sowie laubzersetzende Pilze auf, häckseln und töten sie dabei. Außerdem zerstören sie wertvolle Pflanzensamen und nützliche Tiere wie Spinnen. Da die abgesaugten oder mit einer Luftgeschwindigkeit von bis zu 220 km/h weggeblasenen Blätter und Äste nicht mehr auf dem Boden verrotten, wird die Humus- und Nährstoffbildung behindert. Die am Boden lebenden Kleintiere wie Würmer, Insekten, Spinnen und Kleinsäuger verlieren Nahrung und Lebensraum. Dem Boden wird die natürliche Deckschicht geraubt, die ihn vor Austrocknung durch Sonne, Wind und Kälte schützt.
Der BUND empfiehlt daher, lieber zu Rechen und Harke zu greifen, die ganz ohne Lärm und schädliche Emissionen auskommen. Diese Fitnessübungen in gesunder Gartenluft erhalten Ihnen gute Nachbarschaft und den Vögeln pp. natürliche Nahrung.
Naturnaher Garten im Winter?
Im naturnahen Garten findet die heimische Vogelwelt auch im Winter Unterschlupf und ausreichend Nahrung, sodass nur bei geschlossener Schneedecke Vogelfutter eingesetzt werden sollte (in Deutschland werden jährlich über 15 Mio. Euro für fragwürdiges Vogelfutter ausgegeben!). Voraussetzung ist allerdings, dass der Garten zum Winter nicht übermäßig „geputzt” wird und die Laubbedeckung des Bodens sowie Samenstände erhalten bleiben.
Ein angehäufter Reisighaufen mit Laub bedeckt wird gern vom Igel für den Winterschlaf angenommen. Dieser hilft Ihnen dann im Sommer, Ihren Garten auf natürliche Art von Lästlingen zu befreien.
Bei Reif und Schnee bietet Ihnen Ihr naturnaher Garten eine malerische Landschaft im Gegensatz zu einer „Schneewüste“.